8.000 Mal wird alleine die Sozialpsychiatrische Ambulanz als wichtiger Teil des Psychosozialen Zentrums in Linz-Urfahr von Menschen mit psychischen Leiden jährlich besucht. Auch Menschen mit erhöhter Suchtgefährdung finden hier die notwendige Hilfe.
„Wenn jetzt direkt beim Eingang zum Psychosozialen Zentrum ein Spiellokal eröffnet wird, dann ist das eine ganz wesentliche und ganz unnötige zusätzliche Belastung für unsere Klientinnen und Patienten“, erklärt Regina Nening-Dougan, fachliche Geschäftsführerin von EXIT-sozial. „Wir sind daher sehr besorgt, dass gerade jene Personen, die Hilfe und Betreuung am dringendsten brauchen, den Weg zu uns nicht mehr gehen können“.
„Denn vor allem Menschen mit erhöhter Suchtgefährdung finden bei uns die notwendige Hilfe, weil wir hier über das Wissen und die Zeit für Gespräche verfügen, um auch Menschen mit komplexen Erkrankungen, chronischen Verläufen und Mehrfachdiagnosen beraten und behandeln zu können“, sagt die fachliche Geschäftsführerin. Denn eine Suchtgefährdung bestehe häufig genau dann, wenn Menschen in akuter psychischer Not, für die es leider kein schnelles Heilmittel gibt, ein Suchtmittel als Ersatzmedikation und – leider langfristig gefährliche – Coping-Strategie nutzen. „Ob die ursprüngliche Diagnose auf Depression oder Schizophrenie lautete, ist dafür weniger entscheidend“.
In unserem Psychosozialen Zentrum finden Menschen mit psychischen und sozialen Problemen umfassende Hilfe, Beratung und Therapie: Neben den FachärztInnen und dem Krankenhauspersonal der Sozialpsychiatrischen Ambulanz umfasst das Zentrum vier Krisenzimmer; diese bieten in akuten seelischen Krisen Betreuung rund um die Uhr; in den 11 Beratungsräumen finden durchgehend therapeutische Gespräche und Therapiegruppen statt. 3.500 Menschen, vor allem aus Linz-Urfahr und Urfahr-Umgebung nutzen hier jährlich die professionelle Hilfe für die Psyche.
„Es ist uns völlig unverständlich, wie ein Spiellokal vor den Toren eines Psychosozialen Zentrums überhaupt möglich sein könnte. In anderen Bundesländern gibt es vor Schulen und Krankenanstalten Hundert- Meter-Schutzzonen, in denen ein Wettlokal grundsätzlich nicht möglich ist, zum Schutz von Jugendlichen und Suchtgefährdeten. Bei uns allerdings droht ein Wettlokal direkt vor dem Tor eines Psychosozialen Zentrums mit Krisenzimmern und Krankenanstalt bewilligt zu werden“, sagt Christian Cakl, kaufmännischer Geschäftsführer, „verdienen also Jugendliche und Suchtgefährdete in Linz weniger Schutz als etwa in Bregenz?“
„Wir müssen befürchten, dass ein 300 m2 großes Wettlokal direkt am Standort unseres Psychosozialen Zentrums den Zugang für Hilfesuchende erschwert und beeinträchtigt“, erklärt Regina Nening-Dougan. „Denn Ängste sind das häufigste Hindernis für Menschen mit psychischen Erkrankungen, sich rechtzeitig in Behandlung zu begeben“, erklärt die fachliche Geschäftsführerin weiter. „Daher ist die angstfreie Erreichbarkeit der Hilfsangebote für die Wirksamkeit ganz entscheidend. Werden hier neue Hürden aufgebaut, können die Folgen schwerwiegend sein. Etwa eine Chronifizierung von Erkrankungen und damit ein lebenslanges Leiden, das bei rechtzeitiger Behandlung vermeiden werden hätte können, kann dann eintreten.“
Das gilt vor allem für Menschen mit traumatischen Erlebnissen. Diese finden in den Krisenzimmern professionelle Betreuung rund um die Uhr. Mehr als 400 Menschen waren es im Vorjahr, die in einem der Krisenzimmer Zuflucht vor großer Angst oder Hoffnungslosigkeit gefunden haben. „Diese Personen befinden sich in einer psychischen Ausnahmesituation, diesen wieder etwas Sicherheit zu geben ist hier eine unserer zentralen Aufgaben. Wir befürchten, dass der nächtliche Betrieb eines Wettlokales das unmöglich machen könnte“, erklärt die fachliche Geschäftsführerin.
„Wir haben die Bewilligungsbehörden persönlich, in einer gutachterlichen Stellungnahme und mit anwaltlicher Eingabe sehr ausführlich und engagiert auf diese Gefährdungen hingewiesen und hoffen jetzt darauf, dass das Interesse an einer weiterhin guten Gesundheitsversorgung für Linz-Urfahr und Urfahr Umgebung schwerer wiegt als das Interesse am Betrieb eines weiteren Wettlokals“, appelliert Geschäftsführer Christian Cakl an die zuständigen Behörden, den Bürgermeister von Linz und die Landesregierung von OÖ.