Weltmännertag: „Männer suchen zu selten Hilfe bei psychischen Problemen“

Seit Jahren zeigt sich das gleiche Bild: „Nur jede dritte Person, die bei uns im Psychosozialen Zentrum Linz-Urfahr zu einem Beratungsgespräch kommt, eine Psychotherapie nutzt oder sich am Telefon informiert, ist ein Mann“, sagt Gerda Mühlegger. Enge Rollenbilder und die Scham, „nicht zu funktionieren“, sind Gründe dafür. Der Weltmännertages am 3. November ist nun Anlass, auf dieses Problem hinzuweisen.

„Männer ignorieren häufiger als Frauen Symptome wie Schlaflosigkeit, Panikattacken oder lange Niedergeschlagenheit, weil es noch immer zu wenig in das männliche Rollenbild passt, sich bei psychischen Problemen professionelle Hilfe zu holen“, sagt die Leiterin der Beratungsstelle in Linz-Urfahr, Gerda Mühlegger. Die Scham, nicht mehr gut zu „funktionieren“ sei bei Männern noch größer als bei Frauen, berichtet die Psychologin und Psychotherapeutin aus ihrer langjährigen Beratungspraxis. Insgesamt haben im Vorjahr fast 2000 Menschen eine Beratung, eine Therapie oder ein telefonisches Informationsgespräch im Psychosozialen Zentrum in Linz-Urfahr in Anspruch genommen, das sind um 18 Prozent mehr als im Jahr davor.

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Gerhard Hartig ist Leiter des Krisendienstes von EXIT-sozial. (foto_go)

Ein noch deutlicheres Bild zeigen die Zahlen über die Nutzung der „Krisenzimmer“ in Linz-Urfahr. Hier können Menschen in akuten psychischen Krisen eine oder mehrere Tage rund um die Uhr betreut verbringen und dabei eine fachärztliche Beratung nutzen, ohne dafür in ein Krankenhaus zu müssen. „Nur jede vierte Person, die eines unserer Krisenzimmer nutzt, um wieder mehr psychische Stabilität zu gewinnen, ist ein Mann“, sagt Krisendienst-Leiter Gerhard Hartig. 1.200 Nächte haben im Vorjahr Menschen in einem der vier Krisenzimmer von EXIT-sozial verbracht, das sind mehr als in den Jahren davor.

Bei Männern ist eine Depressionen oder ein „Burnout“ häufig nicht so leicht zu erkennen. „Eine Erschöpfungsdepression kann sich bei Männern anders zeigen als bei Frauen“, sagt Mühlegger. Männer sind dann oft sehr gereizt oder aggressiv, auch körperliche Gewalt kann dann eine Folge sein. „Während Frauen viel eher über Probleme reden können, versuchen mehr Männer als Frauen, diese mit Alkohol oder sehr intensivem Sport zu lösen. Und gehen dabei auch große Risiken ein, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen“, sagt Mühlegger. Häufig kommen körperliche Symptome zu den psychischen Problemen dazu, etwa Rückenschmerzen oder Bluthochdruck. „Das sind dann die Gründe, warum viele Männer einen Arzt aufsuchen. Die Kooperation mit den Allgemeinmedizinerinnen ist uns daher sehr wichtig“, betont die Leiterin der Beratungsstelle für Linz-Urfahr und Urfahr-Umgebung. (go)