Franco Basaglia wurde am 11. März 1924 in Venedig geboren, er würde HEUTE seinen 100. Geburtstag feiern.
Wer war Franco Basaglia?
Franco Basaglia war ein italienischer Psychiater und Revolutionär, der über die Grenzen Italiens hinaus, Veränderungen in der Psychiatrie erzielte. Er machte die verheerenden Zustände in den italienischen „Irrenhäusern“ bekannt und erreichte 1978 deren Schließung.
Basaglia leitete Psychiatrische Kliniken von Gorizia, Colorno (Parma) bis Trieste.
Revolution der Psychiatrie bis zur Gründung von EXIT-sozial [In Kürze]:
Entsetzt über das Elend in den Anstalten (Armut, Gewalt, Entrechtung, Zerstörung der Persönlichkeiten) wagte Franco Basaglia und sein Team das Experiment der Therapeutischen Gemeinschaft. Ausgehend von der Erkenntnis, dass alle in der Psychiatrie Arbeitenden und Lebenden im selben Boot säßen, gab es Versammlungen, an denen sich Ärzt:innen, Pfleger:innen und Insassen auf Augenhöhe begegnen konnten.
1971 übernahm Basaglia die Leitung der Psychiatrischen Klinik in Trieste mit dem Vorsatz, diese aufzulösen. Er war überzeugt, dass Stigmatisierung und Ausgrenzung das Leiden erkrankter Personen vergrößern würde. Statt der Trennung zwischen „Kranken“ und „Gesunden“ wurden Wohngemeinschaften sowie Psychosoziale Zentren geschaffen. Franco Basaglia und viele Mitstreiter:innen hatten die Utopie einer Gesellschaft ohne Irrenhaus. Auch Franca Ongaro Basaglia, Politikerin und Ehefrau von Franco, war wesentlich an der Abschaffung der Irrenhäuser sowie der Durchsetzung der Gesetzesänderung beteiligt. Dank dieser breiten Bewegung gelang ein wichtiger Schritt. 1978 änderte das italienische Parlament das Gesetz 180, das die Abschaffung der psychiatrischen Anstalten zum Inhalt hatte.
Ende der 70-er Jahre wurden die psychiatrischen Anstalten auch in Österreich ein Thema politischer Debatten.
Erstmalig kamen im österreichischen Fernsehen (Club 2) Patient:innen und Psychiatriekritiker:innen zu Wort. Es wird klar: Die Zustände in der Psychiatrie sind skandalös und verletzen Menschenrechte. Daraufhin schloss sich in Linz eine Gruppe engagierter Menschen zusammen und bezeichnete sich als: „Demokratische Psychiatrie“. Darunter waren Mitarbeiter:innen des Wagner Jauregg Krankenhauses, Patient:innen, Angehörige und politisch Engagierte, wie Reinhard und Inge Jäger.
1980 berichtete das Nachrichtenmagazin Profil über die Auseinandersetzungen der oben genannten Gruppe mit dem damaligen Anstaltsleiter und den Schwierigkeiten, erstarrte Verhältnisse zu lösen. Die Aktivist:innen erkannten, dass sämtliche Bemühungen auf Beton stießen und entwickelten den Plan zur Errichtung eines Übergangsheimes, das die Basis für einen Ausweg aus der Psychiatrie bieten könnte.
Zu dieser Zeit waren in der Landesnervenklinik Wagner Jauregg 12 Ärzt:innen für 1200 Patient:nnen zuständig. Nun wurde zusätzlich ausgebildetes Personal eingestellt, Langzeitbetten reduziert und die Anstalt geöffnet. Eine wissenschaftliche Tagung an der Hochschule in Linz machte 1981 die unzureichende Distanzierung von der NS-Psychiatrie deutlich. Als Redner war ebenfalls Dr. Heinrich Gross, der an der Ermordung von Kindern am Spiegelgrund mitwirkte, angekündigt. Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft kritischer Medizin demonstrierten unter der Parole: „Der Faschismus ist vertrieben, seine Ärzte sind geblieben.“
„Raus aus der Zwangsjacke“ lautete das Motto. Nach etlichen Monaten der Verhandlung mit Politiker:innen zur Finanzierung, der Suche nach einem geeigneten Objekt und weiteren Verbündeten, schaffte die Gruppe „Demokratische Psychiatrie“ noch im Jahr 1981 die Gründung des Vereins für psychiatrische Nachsorgeeinrichtungen (spätere Umbenennung in EXIT-sozial). Die Türen des Franco Basaglia Hauses wurden geöffnet und unsere eigene Vereins-Geschichte begann.
An dieser Stelle ein DANKESCHÖN an die Mitbegründer (A-Z) des Vereins:
Dietmar Dobretsberger
Dr. Reinhard Jäger und Inge Jäger
Dr. Kurt Lederer
Siegfried Obcernitzki
Christine Razinger
Chuck Schneider
Dr. in Marlene Weiterschan
[Ürsprünglicher Recherchetext: Dr.in Marlene Weiterschan]
[Überarbeitete Kurzfassung: Elisabeth Dutzi]
Tipp: Chille della Balanza veranstaltet von März bis Juli 2024 in Florenz das Kulturfestival „Wahnsinniger Mann, auf Wiedersehen!“ à 🎧 „WAHNSINNIGER MANN, AUF WIEDERSEHEN! Franco Basaglia 100“, der erste Teil des Festivals, beginnt mit dem hundertsten Geburtstag des Psychiaters – http://www.controradio.it